Der Exot unter den Milchbauern

Der Exot unter den Milchbauern

Den Traum vom eigenen Hof hatte Bruno Appert immer im Hinterkopf. Mit einer Schafzucht hat er nicht den einfachsten Weg gewählt – aber seinen eigenen.

Für ihren Käse ist die Schweiz weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Auch Bruno Appert widmet sich seit rund drei Jahren der Käseproduktion. Fein säuberlich aufgereiht liegen die Käse in dem kleinen Lager seines Hofes. Rechts neben der Türe die weichen, jüngeren Käse, links die etwas älteren und härteren. Was man jedoch vergeblich sucht, sind große, schwere Käseräder. Appert unterscheidet sich vom Großteil seiner Kollegen, man könnte sagen, er betreibt Milchwirtschaft abseits des Mainstreams: Der 47-Jährige produziert ausschließlich Schafskäse. Rund 11.000 Milchschafe gibt es in der Schweiz, Milchkühe rund 50 Mal so viel. Selbst die Milchziegen sind ihnen mit circa 35.000 Stück zahlenmäßig klar überlegen.

Herr Appert, sind Sie gerne ein „Exot“?

Ein Bekannter hat vor vielen Jahren einmal zu mir gesagt: „Du musst immer alles anders machen. Du glaubst wohl, du weißt alles besser!“ Ich habe oft darüber nachgedacht, ob ich wirklich so unsympathisch bin. Aber: Es geht mir nicht darum, etwas besser zu wissen. Ich suche nur gerne nach Möglichkeiten, meinen eigenen Weg zu gehen. Die Kleinwiederkäuer haben mich einfach schon immer fasziniert. Und dann bist du halt der Exot.

„Du musst immer alles anders machen. Du glaubst wohl, du weißt alles besser!“

Aufgewachsen auf einem Bauernhof, absolvierte Appert nach der Schule eine Lehre zum Landwirt. Weil der Bruder den heimischen Hof übernahm und er ohnehin noch gerne zur Schule ging, entschied er sich anschließend für eine Ausbildung zum Agrokaufmann. Nach sieben Jahren in der landwirtschaftlichen Beratung wurde er Marktleiter beim Handels- und Dienstleistungsunternehmen „Landi“ in Grindelwald. Unter seiner Leitung wuchs die Belegschaft von einer Vollzeit- und zwei Teilzeitstellen auf 14 Vollzeitstellen, zwei große Bauprojekte wurden umgesetzt – eine erfolgreiche Zeit.

Sie waren äußerst erfolgreich in Ihrem Beruf, warum gibt man so etwas auf?

Ich hatte Ende 2010 gesundheitlich Probleme, ich hab wohl etwas zu viel gearbeitet. Den Traum von einem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb habe ich schon lange mit mir herumgetragen, ohne zu wissen, ob ich ihn je umsetzen werde. Vielleicht hat auch die Notwendigkeit gefehlt. Letztendlich hat mich die Krankheit in meinem Entschluss bestärkt.

Den Betrieb aufzubauen, war für Appert und seine Familie eine große Herausforderung. Der Bau des Stalls sowie die Anschaffung von Maschinen, Geräten und Tieren – viele Investitionen fielen gleich zu Beginn an, bis zu den ersten Einnahmen dauerte es jedoch eine gewisse Zeit: Die gekauften Lämmer mussten wachsen, trächtig werden und Junge kriegen, bis sie erstmalig gemolken werden konnten. Erst dann konnte er mit der Käseproduktion beginnen. Das Know-how hat er sich größtenteils selbst angeeignet. Bis die Produkte marktreif waren und seine Handschrift trugen, verging nochmals einiges an Zeit.

Hatten Sie Angst, die Umsetzung ihres Traumes könnte schiefgehen?

Natürlich denkt man darüber sehr intensiv nach, die finanzielle Herausforderung ist extrem. Man muss sich überlegen: Hat man den Mut, diesen Traum zu realisieren? Ich war schon Mitte 40, als wir begonnen haben – so gesehen war es vielleicht meine letzte Chance. Ab 50 hat man mitunter nicht mehr die Energie, etwas Neues aufzuziehen sondern überlegt sich eher, wie man sein Berufsleben möglichst ruhig ausklingen lassen kann.

Mittlerweile hat Appert 90 Milchschafe, mit den Lämmern sind es rund 160 Tiere. Im Sommer schläft er auf der Alp. Gegen 5 Uhr steht er auf, um die Tiere zu melken. Anschließend fährt er nach Hause, frühstückt mit seiner Frau, produziert den Käse und bewirtschaftet die Weiden. Obwohl seine Lacaune-Schafe gemessen an ihrem Körpergewicht enorm leistungsfähige Tiere sind, geben sie „nur“ 1,5 Liter pro Tag – eine Kuh schafft um die 20 Liter. Dafür ist Schafsmilch wesentlich reicher an Inhaltsstoffen, vom Geschmack her ist sie der Kuhmilch sehr ähnlich. Je länger der Käse reift, desto würziger wird er im Geschmack – allerdings ohne charakteristischen Beigeschmack wie ihn etwa Ziegenkäse hat. Appert produziert in seiner Hofkäserei einen halbharten Käse und zwei weiche, alle drei haben sich mittlerweile am Markt etabliert.

Würden Sie sagen, Ihr Traum ist wahr geworden?

Es ist nicht immer alles gut gelaufen, vielleicht wäre es leichter gewesen, eine Landwirtschaft mit Milchkühen aufzubauen. Da bist du schneller integriert und es ist alles viel besser organisiert. Ich würde sagen, unser Weg war sicher nicht einfach, aber wenn man es dann schafft, ist es umso befriedigender.

Text: Matthias Köb / friendship.is
Fotos: Ian Ehm / friendship.is
Quelle: bestofthealps.com