Der Helikopter landet hinter unserem Haus

«Der Helikopter landet hinter dem Haus..»

Vom eigenen Zuhause direkt in die Eiger Nordwand. Marc Ziegler erzählt vom Leben als Bergretter in Grindelwald.

Marc Zieglers Steckbrief wirkt auf den ersten Blick nicht sehr ungewöhnlich. Maximal fällt auf, dass er schon einige verschiedene Berufe ausgeübt hat: Marc ist 50 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder, studierter Betriebsökonom und aktuell Leiter des Ausbildungszentrums Branchenverband Seilbahnen Grindelwald. Seine früheren Berufe: Bergführer, Dachdecker, Spengler, Maschinenschlosser. Seine Hobbies: Motorradfahren und laute Musik.

Ein hingebungsvoller Familienvater und verantwortungsbewusster Geschäftsführer, könnte man meinen, einer der sich vielleicht hin und wieder auf seine Triumph-Maschine schwingt um die Grindelwalder Berge zu erkunden.

Doch Marc Ziegler führt ein Doppelleben. Zwischen Büro und Berg, zwischen Alltag und Adrenalin. Sein Nebenberuf: Leiter der Alpinretter Grindelwald und Rettungsspezialist Helikopter. Geht ein Notruf ein, hat Marc zehn Minuten, ehe er vom Helikopter direkt hinter seinem Haus abgeholt wird. Er verlässt von einer Sekunde auf die nächste sein Büro, wird hinauf zur Eiger Nordwand geflogen, um sich dort aus 225 Meter Höhe aus dem Helikopter abzuseilen.

Das Team der Alpinretter Grindelwald arbeitet in Schichten und unterstützt mit seinen spezifischen Kenntnissen über die Bergwelt die anspruchsvollen Helikopter-Einsätze der Bergrettung Grindelwald, deren Team aus einem Arzt, einem Notfallsanitäter und einem Piloten besteht. „Das Team der Bergrettung Grindelwald fliegt bis zu vierzig Einsätze pro Jahr, wir sind unterstützend bei heiklen Bergungen dabei“, erklärt Marc.

„Das Team der Bergrettung Grindelwald fliegt bis zu vierzig Einsätze pro Jahr,

wir sind unterstützend bei heiklen Bergungen dabei“

Die Art der Einsätze ist so unterschiedlich wie die Grindelwalder Jahreszeiten:
Im Winter wird Marc mit seinem Team etwa zwei bis drei Mal zu Lawineneinsätzen gerufen. Im Sommer sind es oft Bergsteiger oder Wanderer, die die Anstrengung eines Aufstiegs unterschätzen und wegen Übermüdung geborgen werden müssen.
„Es steht uns nicht zu, über Sinn oder Unsinn eines Aufstiegs zu urteilen. Wir sind da um zu retten“, sagt Marc, der selbst auf zwei Jahrzehnte Erfahrung als Bergretter zurückblicken kann. Er legt Wert auf einen reibungslosen Ablauf der Rettungskette und baut daher auf Einsatz-Nachbesprechungen, Schulungen in Risikomanagement und gute Kommunikation zwischen den Bergrettungsteams. Und obwohl es ihre Aufgabe ist Menschen in heiklen Situationen zu retten, will Marc nichts von Heldentum hören: „Wir Bergretter sind ein Team, da ist kein Platz für Selbstdarsteller oder Einzelkämpfer.“

Und was sagt Familie Ziegler zu Marcs‘ außergewöhnlichen Berufung?
„Meine Frau und meine beiden Jungs finden es schon gut, was ich mache. Früher sind sie immer mit großen Augen aus dem Haus gelaufen, als mich der Helikopter im Garten abgeholt hat. Das war immer ein Schauspiel für die gesamte Nachbarschaft.“ Und so ist Marc vielleicht kein Superheld. Ziemlich lässig aber schon.

Text: Armin Knöbl / friendship.is
Fotos: Florian Lechner / friendship.is
Quelle: bestofthealps.com