Unser Käse mit Symbolcharakter

Ein Käse mit Symbolcharakter

Was macht man mit einem Laib Käse in der Eiger Nordwand? Man tauft ihn!

Einen Käse zu taufen ist ja schon irgendwie ungewöhnlich. Wenn man dies dann auch noch in der Eiger Nordwand macht, wirkt es schon fast ein bisschen absurd. Dennoch macht das Ganze Sinn. Denn dieser Käse ist eine Hommage an den erfolgreichsten Bergführer Grindelwalds und ein Vorzeigeprodukt der regionalen Käseproduktion.

Am 11. August 1858 wurde der Eiger zum ersten Mal von Charles Barrington bestiegen – gemeinsam mit den Grindelwalder Bergführern Peter Bohren und Christian Almer. Ersterer war nur 1,50 Meter groß und als „Peterli der Gletscherwolf“ bekannt, letzterer war der bis heute erfolgreichste Bergführer Grindelwalds: Insgesamt absolvierte er über 45 Erstbesteigungen. Ihm zu Ehren hat Käser Johann Wittwer nun einen eigenen Käse kreiert: den Eiger Bergführer Chäs. Und es gäbe wohl keinen passenderen Ort diesen offiziell zu taufen, als inmitten der Eiger Nordwand, beim Stollenloch 3.8. Exakt 158 Jahre nach der Erstbesteigung wartet dort also Albert Almer, Urenkel von Christian Almer, mit einem Laib Käse auf die Taufgäste. Diese dürfen ausnahmsweise auf halber Strecke aus der Jungfraubahn aus- und durch das Stollenloch in die Nordwand einsteigen. Da das naturgemäß schon für ordentlich Aufregung und Begeisterung sorgt, verzögert sich der Beginn der Taufe ein wenig.

Ein stolzer Pate

Nun braucht es für eine standesgemäße Taufe natürlich auch einen Paten. Gefunden hat man diesen in Bernhard Kallen, leidenschaftlicher Koch und Gewinner der Schweizer Kochshow „Männerküche“. Ein Mann also, der weiß wovon er spricht, wenn es um Genuss geht. Dass der Pate seinen Täufling ins Herz geschlossen hat wird spätestens bei der Taufrede – die auch problemlos als Liebeserklärung durchgeht – klar: „Nicht einfach ein Käse, nein vielmehr die Essenz von saftigen Bergwiesen, die Kraft der Natur gepaart mit der hohen Kunst des Käsens“ heißt es da etwa.

Der Eiger Bergführer Chäs ist aber mehr als nur eine Köstlichkeit. Er ist ein Symbol für die Wechselwirkung zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Handel. Seit jeher ist der Eiger und insbesondere seine Nordwand ein Anziehungspunkt für Gäste aus aller Welt, ebenso traditionsreich ist die Käseproduktion. Der Eiger Bergführer Chäs, hergestellt aus Grindelwalder Bergmilch, vereint diese beiden Bereiche. Zudem ist er ein Paradebeispiel für regionale Wertschöpfung. Produziert wird der Käse von der Eigermilch AG, die 2011 ins Leben gerufen wurde und in Besitz der Milchlieferanten steht. Anstatt die Milch an Industriebetriebe zu verkaufen, wird sie direkt im Ort zu unterschiedlichen Produkten verarbeitet, welche wiederum an Tourismusbetriebe und Fachgeschäfte geliefert werden.

Ein Stück Heimat geniessen

„Wo Mensch und Berg sich begegnen, ereignen sich große Dinge, die sich im Gedränge der Straßen nicht verwirklichen lassen.“ Dieses Zitat des englischen Dichters William Blake wählte Kallen als Einstieg für seine Rede. Und auch wenn es immer eine Frage der Relationen ist, was man als „großes Ding“ bezeichnet – im Hinblick auf Käse ist Johann Wittwer mit seinem Eiger Bergführer Chäs zweifelsohne ein solches gelungen.

„Wo Mensch und Berg sich begegnen, ereignen sich große Dinge, die sich im Gedränge der Straßen nicht verwirklichen lassen.“

Sechs Monate wird er gepflegt, weitere sechs Monate verbringt er im Felsenkeller. In diesen 12 Monaten entwickelt er den charakteristischen würzigen Geschmack, der nicht nur seinen Paten verzückt – schöner beschreiben wie dieser kann es allerdings wohl kaum jemand: „Ich erinnere mich nur zu gerne an den Moment, als ich einen ‚Schnäfel’ von diesem Prachtskerl kosten durfte. Auf der Zunge fühlte ich bereits die Kraft der Salze, mein Gaumen frohlockte und mein Magen schrie nach mehr. Mehr von dieser Herrlichkeit, dieser Geschmacksexplosion und diesem wohligen Gefühl ein ‚Stück’ Heimat zu genießen.“

Text: Matthias Köb / friendship.is
Fotos: Florian Lechner / friendship.is
Quelle: bestofthealps.com